„Tischlein, deck Dich 2.0“

Nur wenige Minuten Autofahrt von Wiesbaden inmitten von Weinbergen und historischem Ambiente gelegen, ist das Gutsrestaurant 1818 auf dem Weingut Knyphausen ein Ort, an dem Tradition und Moderne aufeinandertreffen und das mit einem neuen Gastro-Konzept lockt: Sharing Plates! Man bestellt verschiedene Gerichte, teilt sie und kann so kulinarisch auf Weltreise gehen und sich von der modernen Crossover Fusion-Küche begeistern lassen.

Das im industrial Design gehaltene knypHAUS, in dem sich das Restaurant befindet, sorgt mit indirektem und farbigen Lichtakzenten für eine tolle Atmosphäre. Dekonstruierte Sitzecken erinnern, wenn überhaupt, nur ganz entfernt an traditionelle Sitzecken aus urigen Gutswirtschaften. Auch die Speisekarte zeigt ein völlig neuartiges Konzept auf - Sharing Plates. Hier kann man sich verschiedene Gerichte frei zusammenstellen und teilen.

Teilen macht glücklich und gemeinsam essen verbindet.

Damit haben die Macher der neuen Karte recht und einen Nerv der Zeit getroffen. Das Teilen von Speisen hat eine lange Tradition und ist ein Ritual, das in vielen Kulturen und Gesellschaften gepflegt wird. In Familien und Partnerschaften ist das Teilen von Mahlzeiten ohnehin üblich, aber als Trend hat es jetzt auch weitere Kreise erreicht. Was in vielen asiatischen und afrikanischen Ländern normal ist, wird nun auch hier gesellschaftstauglich gemacht und Essen damit mehr zu einem gemeinsamen Erlebnis. Ich staune nicht schlecht, als die ganzen einzelnen Gerichte kommen und muss unweigerlich an das Märchen „Tischlein, deck Dich“ denken. Der größte Vorteil bei diesem Konzept: Man kann viele unterschiedliche Speisen probieren und sich darüber austauschen. Beim Bestellen sucht man zwischen Gemüse, Beilagen und „On Top“ seine Gerichte aus und stellt sich so sein Wunschmenü zusammen. Ein Pärchen würde beispielsweise das Angebot für zwei-drei Personen bestellen und könnte für 59 € insgesamt drei Gemüsegerichte, drei Beilagen und zwei Mal „On Top“ auswählen. Auch als Einzelperson kann man sich für 24,90 € ein Gemüsegericht, eine Beilage und eine Sache „On Top“ auswählen. Die Preise sind bei der Qualität absolut fair.

 Und ein weiterer Trend wird hier aufgegriffen: Der Trend zum Flexitarismus/Vegetarismus. So liegt der Fokus hier auf dem Gemüse, das zudem regional und saisonal bezogen wird. Wer möchte, kann sich zusätzlich Fleisch oder Fisch dazu bestellen und auch hier wird größter Wert auf Herkunft und Qualität gelegt. Chefkoch Daniel Nöller und sein Küchenteam haben eine hochwertige Auswahl bei den Lieferanten getroffen. So wird das Havelländer Apfelschwein beispielsweise, das einen hohen Anteil an Duroc Schweinen hat, speziell mit Apfeltrester gefüttert. Außerdem haben die Schweine sehr viel Freilauf im familiengeführten Betrieb Gut Hesterberg. Der Fisch kommt aus den Fjorden Schottlands, wo der Fokus auf der ökologischen Nachhaltigkeit und Gesundheit der Fische liegt. Er wird zudem im hauseigenen Smoker zubereitet.

 Das Schöne ist, dass die Gerichte nicht um ein Stück Fleisch oder Fisch herum kreiert werden, sondern dass das Gemüse hier zum Hauptakteur wird – und das mit Bravour. Jedes einzelne Gericht ist sehr gut abgeschmeckt und dazu auch noch wunderbar angerichtet. Allein der Anblick macht richtig Lust aufs Essen.

 Wenn man auf einem Weingut ist, darf beim Essen natürlich der Wein nicht fehlen. Es gibt hier eine große Auswahl und das Thema Wein werde ich Euch nochmal separat vorstellen. Nur so viel an der Stelle: Mir persönlich hat der rote Riesling feinherb von 2022 sehr zugesagt und auch der Charta Riesling trocken von 2021 passt sehr gut zum Essen.

Küchenstil: Crossover, Fusion

Der Küchenstil ist ein sehr gelungener Mix aus Crossover, Fusion-Küche und regionalen Gerichten, neu und modern interpretiert und mit einer besonderen Finesse versehen. Im 1818 kann man an einem Ort bleiben und sich doch auf eine geschmackliche Weltreise begeben. Wenn man kulinarisch in der Region bleiben möchte, kann man zum Beispiel gebratene Eltviller Edelpilze bestellen. Das Besondere an dem Gericht ist die hierzulande nicht so bekannte schwarze Knoblauchcreme, die den Pilzen eine ganz besondere Note verleihen. Der fermentierte schwarze Knoblauch weist einen nicht so intensiven Knoblauchgeschmack auf und bringt dafür eine Süße mit und ist ein unglaublicher Geschmacksbringer. Wer was Regionales möchte, kann sich auch ein gekochtes Ei (vom Wacholderhof) auf Blattspinat mit grüner Pfefferhollondaise, gebratene Drillinge mit Frankfurter Kräuteröl und Bio-Joghurt oder im Haus eigenen Smoker geräucherten Riesling-Kartoffelstampf mit Sauerampfer bestellen. Wenn sich Regionales mit asiatischen Einflüssen paart, kommt ein Fusion-Gericht heraus. Zu der in Estragon gebratenen, in Rosé geschmorten und mit Honig vom Draiser Hof glasierten Ur-Karotte gesellt sich ein gegrillter Miso-Lauch und ergibt eine wunderbare Geschmackskombination. Dass Blumenkohl nicht langweilig schmecken muss, beweist ein orientalisch angehauchtes Gericht mit zweierlei Blumenkohl (in Safran gekocht und geräuchert & frittiert) und Granatapfel-Tahini-Soße und Raz el hanout abgeschmeckt. Dass sogar die Zwiebel einen Soloauftritt verdient hat, zeigt Chefkoch Daniel Nöller mit den frittierten Zwiebelbällchen, die auf einer Zwiebelcreme drapiert zusammen mit wildem Broccoli, Mini-Mais und einer Basilikumemulsion daherkommen. Auch die rote Beete, die mit einem Ziegenkäse-Hummus gefüllt ist und auf einem Avocadocarpaccio nebst gegrillten Mini-Paprika serviert wird, demonstriert, wie vielfältig die vegetarische Küche sein kann. Obwohl mir weder Fleisch noch Fisch fehlt, probiere ich trotzdem das Filet von der Fjordforelle (150 gr./16 €, 300 gr./ 31 €), das im hauseigenen Smoker geräuchert wurde, nachdem es zuvor 24 Stunden in Riesling Maische mariniert wurde. Auch großartig, dass der Wein seinen Weg ins Essen findet. Der Fisch ist zart und hat ein schönes, nicht zu intensives Raucharoma. Die asiatisch anmutenden Entrecôte Stripes (150 gr./18 €, 300 gr./35 €) mit Honig-Knoblauch Marinade sind ebenfalls ein wahrer Gaumengenuss. Einziger kleiner Minuspunkt ist, dass man hier nicht weiß, wo das Rind herkommt. Sowohl der orientalische Zitronen-Couscous mit getrockneten Früchten, Cashewkernen und Minze als auch die roten Linsen mit Lauch und weißem Balsamico sind nicht nur gut abgeschmeckt, sondern vom Garpunkt her auch sehr gut getroffen. Wer schon mal selbst Linsen gekocht hat, weiss, dass das gar nicht so einfach ist. Hier haben sie noch etwas Biss, die Linse hat ihre Form behalten und gleichzeitig sind die Linsen wunderbar schlonzig ohne matschig zu sein. Chapeau.

Auch Kinder kommen auf ihre Kosten: Im Angebot sind Nudeln mit einer fruchtigen Tomatensauce oder eine paniertes Hühnchen mit Kartoffelpüree und Möhrchen. Mir gefällt es, dass hier keine Wurst mit Pommes für Kinder auf der Speisekarte steht und dass man sich zudem auch beim Kindergericht Mühe gibt und es schön anrichtet.

Ein besonderes Highlight 

Eine Sache muss ich bei der Besprechung der Speisen noch besonders hervorheben: knypis Erbacher Trauben Kimchi. Das ist Fusion at its best. Wer es nicht weiß: Kimchi wird normalerweise aus Weißkohl hergestellt. Dieser wird mit Salz, Knoblauch, Chili und Ingwer eingelegt und fermentiert und ist DAS koreanische Nationalgericht, das zu jedem Essen gereicht wird. Hier hat man was gewagt: Anstelle von Kohl wurden hier Weintrauben verwendet und was soll ich sagen…es ist ein Geniestreich! Als ehemalige Pressebeauftragte für das Land Korea kenne ich die koreanische Küche durch meine Pressereisen sehr gut und war besonders neugierig, ob das geschmacklich funktioniert. Und wie das passt – die Süße passt perfekt zu den Gewürzen und trotz der kontroversen Noten von Säure, Süße, Schärfe, Salzigkeit ergibt sich ein harmonisches Geschmacksbild. Genug der Lobhudelei, man könnte am Ende noch meinen, ich sei Produktbeauftragte.


Trotz der vielen Teller und Gerichte fühlt man sich nach dem Essen nicht schwer und platt und bei mir ist sogar noch etwas Platz für Nachtisch, den ich nur empfehlen kann. Sowohl die Creme Brûlée (9,50 €) von der weißen Schokolade mit Mango-Sorbet und Brownie als auch das Vanille-Pfirsich-Parfait (9,50 €) mit Honig-Zitronen-Sirup und Mandelkrokant sind ein wunderbarer süßer Abschluss.

 

Geschichtlicher Background

Das Gutsrestaurant 1818 auf dem Weingut Knyphausen ist aber nicht nur ein Ort für kulinarische Genüsse, sondern auch ein Ort mit Geschichte. Gegründet wurde der Hof 1141 von den Zisterzienser-Mönchen vom Kloster Eberbach und seit 1818 ist das Anwesen im Familienbesitz der Barone zu Knyphausen, einem ostfriesisches Adelsgeschlecht, das den Draiser Hof nach der Säkularisation erwerben konnte. Seit 2015 hat Frederik Baron Knyphausen den Hof übernommen und führt ihn nun in 8. Generation mit seiner Frau.

Mit Chefkoch Daniel Nöller arbeitet Frederik seit nunmehr fünf Jahren zusammen. Im Bestreben, ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis hier im Rheingau anzubieten, kamen die beiden auf die grandiose Idee, die ursprüngliche Weinbar1818 in ein neues Konzept umzuwandeln: 1818 - Gutsrestaurant & Weinbar – und das ist ihnen sehr gelungen.  

FAZIT: Das Gutsrestaurant & Bar 1818 auf dem Weingut Knyphausen wartet mit einem neuartigen Gastro-Konzept auf. Sharing Plates ermöglichen es, unterschiedliche Aromen und kulinarische Welten zu entdecken. Das Ambiente ist modern, die Speisen vielfältig, raffiniert und wunderschön angerichtet, eine umfangreiche Weinkarte rundet das Angebot ab. Der Service ist sehr freundlich und aufmerksam. Kurz gesagt: Das Gutsrestaurant 1818 ist ein Ort, an dem man gerne Zeit verbringt und den man gerne wieder besucht. YUMMY.

INFO

Gutsrestaurant & Bar 1818

Draiser Hof

Erbacher Str. 26-28

65346 Eltville-Erbach

T: 06123- 790 7112

W: www.baron-knyphausen.de/essen-trinken/weinbar

Öffnungszeiten

Mo-Fr 17:30 - 23:00 Uhr

Küche geöffnet bis 21:00 Uhr

Sa& So geschlossen

 
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